Pferd EOTRH

EOTRH beim Pferd

Wenn die Zähne irreversibel geschädigt werden

EOTRH: Symptome und Krankheitsverlauf


In den letzten Jahren erkranken immer mehr Pferde an EOTRH – in erster Linie sind ältere Pferde ab ca. 15 Jahren und Robustrassen wie z.B. Isländer oder Haflinger betroffen.

Zu Beginn sind die Symptome unauffällig:

  • Probleme beim Abbeißen von hartem Brot oder Möhren
  • Widerwille gegen das Trinken kalten Wassers
  • Berührungsempfindlichkeit am Maul
  • Vermehrte Zahnsteinbildung

Also Dinge, die auch bei schlechter Zahnpflege oder generellen Zahnproblemen festzustellen sind. 

Die Krankheit ist noch nicht von außen erkennbar, unterhalb des Zahnfleisches schreitet sie jedoch schnell voran: Entzündliche Prozesse führen zu einer chronischen Auflösung der Zahnwurzeln von Schneide-, Eck- und Hengstzähnen; Backenzähne sind seltener betroffen. In deutlich erhöhter Zahl treten aktivierte Odontoklasten an der Zahnoberfläche auf – körpereigene Zellen aus der Gruppe der Osteoklasten. Sie bauen Dentin an den Zahnwurzeln ab und sorgen so für den Abbau der Zähne (Odontoclastic Tooth Resorption).

Erste Auffälligkeiten können sein:

  • erhöhter Speichelfluss
  • Futter zwischen den Zähnen
  • Mundgeruch

Schließlich zeigt das Zahnfleisch:

  • Rückgang
  • Schwellungen und Rötungen
  • kleine rote Punkte, Fisteln und Abszesse

In der Regel versucht der Körper, die geschädigten Zähne zu reparieren, indem er Zahnzement um die Wurzeln herum ansiedelt (Hypercementosis), was optisch klar erkennbar ist:

  • geschwulstartige Zubildungen an den Zahnhälsen
  • Lockerung der deformierten Zähne

Bei Fortschreiten der Krankheit kann es zu massiven Umbauprozessen im Kiefer kommen, und sogar der Kieferknochen kann dauerhaft geschädigt werden. Das Fortschreiten der äußerst schmerzhaften Krankheit geschieht innerhalb weniger Wochen und Monate. Es kommt zu verminderter Nahrungsaufnahme und daraus resultierend zur Abmagerung des Pferdes. Die langanhaltenden Entzündungen und zehrenden Schmerzen führen zu einer erhöhten Produktion des Stresshormons Kortisol, welches Entzündungen hemmt, das Schmerzempfinden reduziert, die Immunabwehr drosselt und den Stoffwechsel herunter fährt.

Da sich der erhöhte Kortisolspiegel auf den gesamten Körper und nicht nur auf die betroffenen Zähne auswirkt, sind häufig Cushing-ähnliche Symptome zu beobachten:

  • Müdigkeit und Leistungsdepression
  • Wiederkehrende Nährstoffmängel
  • erhöhte Infektanfälligkeit/ Störungen des Immunsystems
  • Hufabszesse, Hufrehe
  • Muskelabbau und Abmagerung
  • Probleme mit Stoffwechsel/ Entgiftung/ Abszessanfälligkeit
  • Stoffwechselentgleisungen mit Kreuzverschlag ähnlichen Symptomen

„Die vielschichtigen und tief in den gesamten Organismus eingreifenden Beschwerden stellen ein zehrendes und schmerzhaftes Leiden dar.“

Ursachen für EOTRH

Die Ursache der Pferdeerkrankung EOTRH ist bislang unbekannt; man geht jedoch davon aus, dass erst das Zusammentreffen mehrerer Faktoren die Krankheit auslöst. Zunächst vermutete man eine höhere mechanische Belastung und unzureichende Kontrolle der Zähne im Alter. Dies hat sich jedoch nicht bestätigt. Nicht ganz ausgeschlossen hingegen ist eine schlechte Durchblutung um die Zahnwurzeln herum, welche zum Absterben von Zellen führen kann. Ferner gilt bislang – neben einer möglichen genetischen Disposition – eine bakterielle Infektion des Mundraumes als einer der wahrscheinlichsten Faktoren, der zu einem Ausbruch der Krankheit führen kann.

Betrachtet man die hohe Entzündlichkeit der Erkrankung, gepaart mit der Zerstörung körpereigenen Gewebes, darf man den deutlichen Hinweis auf eine Autoimmunerkrankung nicht ignorieren. Denn auch die Ursache dieser immer häufiger auftretenden Krankheiten ist bislang ungeklärt und wird in einer Wechselwirkung zwischen genetischer Veranlagung und äußeren Einflüssen vermutet. Auffällig ist, dass der Großteil der betroffenen Pferde offensichtlich unter Wohlstandskrankheiten, Stoffwechselstörungen und/ oder einem gestörten Immunsystem leidet.

Neben der Ähnlichkeit der Symptome zu denen des ECDs gibt es beim Menschen eine Krankheit mit ähnlichen Symptomen. Sie wird als MIRR (Multiple Idiopathic Root Resorption) bezeichnet. Auch bei Katzen ist die vergleichbare FORL (Feline Odontoklastic Resorption Lesion) sehr weit verbreitet: Inzwischen leidet die Hälfte aller Katzen über fünf Jahren an dieser Erkrankung, deren Ursache ebenfalls noch ungeklärt ist.  

Diagnose von EOTRH

Eindeutig erkennbar ist EOTRH beim Pferd anhand der Zahnzubildungen bei gleichzeitigem Auftreten von Zahnfleischrückgang und -entzündungen. Generell ist das gesamte Ausmaß der Erkrankung röntgenologisch am besten abbildbar, da die degenerativen Veränderungen der Zahnwurzeln und des Kieferknochens unterhalb des Zahnfleisches eindeutig aufgezeigt werden. Des Weiteren gibt es Fälle ohne Zementzubildung; diese Variante ist nur per Röntgenbefund diagnostizierbar und auch dann nicht zwingend eindeutig. Ob zusätzlich zum EOTRH ein ECD (Equine Cushing Disease) vorliegt, ist nur per Bluttest nachweisbar; lediglich anhand der Symptome können keine Rückschlüsse auf die vorliegende Erkrankung gezogen werden.

EOTRH beim Pferd behandeln 

Therapie: Medizinische und chirurgische Optionen

EOTRH gilt derzeit als unheilbar. Da die Ursache der Erkrankung ungeklärt ist, stellt sich die Behandlung schwierig dar. Bislang ist es lediglich gelungen, die Symptome zu lindern und die Krankheit zu verlangsamen, selten zu stoppen; die Degeneration der Zähne ist irreversibel.

Ohne andauernden Erfolg wurden Antibiotika gegen die vorherrschenden Bakterien eingesetzt; auch Cortisonspritzen in die Maulschleimhaut gegen die Entzündungen und Tildren-Infusionen für den Kalzium-Stoffwechsel blieben nachhaltig wirkungslos.

Im Frühstadium werden der Zahnstein entfernt und die betroffenen Schneidezähne deutlich gekürzt, um die Druckbelastung so gering wie möglich zu halten. Im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit hilft leider nur noch das Ziehen der betroffenen Zähne. Hierfür empfiehlt sich der Besuch einer qualifizierten Pferdeklinik. Inzwischen können die meisten Zähne unter Sedierung ambulant entfernt werden, so dass es weniger Stress für die Pferde bedeutet und das Risiko gegenüber einer Operation unter Narkose deutlich reduziert wird. Nach der Zahnextraktion müssen die Zahnlücken bis zur vollständigen Abheilung regelmäßig gereinigt und gespült werden, da sich Futterreste in ihnen ansammeln.

Nach dem Eingriff klingen die chronischen Entzündungen und Schmerzzustände ab, so dass schnell eine Verbesserung von Gesundheitszustand, Lebensqualität und Vitalität zu verzeichnen ist. In den meisten Fällen ist früher oder später die Extraktion aller betroffenen Zähne erforderlich, was jedoch zu einem dauerhaften Abklingen der Entzündungssymptome führt. Übereinstimmend wird von betroffenen Pferdehaltern berichtet, dass die Pferde nach der OP schnell wieder fressen, sogar Gras zupfen, und ohne Schneidezähne sehr gut klarkommen, so dass sich das Fressverhalten wieder normalisiert.

Unterstützende Behandlung: Naturheilkunde und Co.

  • Bislang wurden die besten Erfahrungen mit einer speziellen Vitalpilzmischung gemacht, die – falls die Pilze im individuellen Fall wirken – die Ausbreitung von EOTRH drastisch verlangsamt und die betroffenen Pferde stabilisiert. Sie ist reich an natürlichem Vitamin D2, wirkt entzündungshemmend und antioxidativ. Zweimal jährlich kurweise verabreicht, erzielt die Mischung sehr gute Ergebnisse. Von Pferden, die aufgrund massiver Stoffwechselstörungen Probleme mit der Verdauung aufzeigen, werden sie allerdings ungern aufgenommen.
  • Mönchspfeffer kann die Bildung von Dopamin fördern und somit die Bildung von Kortisol dämpfen.
  • Der Einsatz von Blutegeln, direkt auf die Maulschleimhaut aufgesetzt, erzielt gute Erfolge – ob nachhaltig, ist bislang nicht dokumentiert. Zu beachten ist, dass das Pferd sediert werden sollte, da die Blutegel innerhalb des Maules angesetzt werden müssen.
  • Um die Durchblutung des Zahnfleisches zu fördern, seine Regeneration anzuregen und das Zahnfleisch vor Entzündungen zu schützen, empfiehlt sich das regelmäßige Putzen von Zahnfleisch, Zähnen und Zahnzwischenraum. Dies bringt auch noch in hochentzündlichen Stadien eine deutliche Erleichterung für das Tier, setzt aber eine gewisse Schmerzunempfindlichkeit des Tieres voraus.
  • Ferner kann man die betroffenen Stellen mit Chlorhexiditin spülen oder mit einer desinfizierenden Lösung betupfen. Viele Pferde empfinden dies jedoch als zu scharf.
  • Es ist Vorsicht mit immunstärkenden Mitteln geboten, da diese überschießende Autoimmunreaktionen verstärken können.

EOTRH beim Pferd vorbeugen

Um die Schäden am Organismus möglichst gering zu halten, ist Früherkennung wichtig. Jedes Pferd sollte regelmäßig zur Zahnkontrolle bei einem Pferdezahnspezialisten – idealerweise ein bis zwei Mal jährlich. Hierbei sollten Sie darauf achten, dass Kontrolle und Bearbeitung von Schneidezähnen und Zahnfleisch möglichst häufig erfolgen.

„Empfehlenswert ist die regelmäßige optische Kontrolle der Maulschleimhaut bei älteren Pferden.“

Stellen Sie Ihr Pferd regelmäßig einem Tierarzt oder Tierheilpraktiker vor.

EOTRH gehört vermutlich zu den Wohlstandskrankheiten, deren Ursprung oft in zu nahrhafter Fütterung und mangelnder Auslastung gesehen wird. Daher ist grundsätzlich auf art- und bedarfsgerechte Fütterung und Bewegung zu achten.

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Schmerzen reduzieren: Der Experten-Tipp aus der Praxis

Leider hat es schon Tierärzte gegeben, die die Meinung vertreten haben, Pferde hätten keine so extremen Zahnschmerzen wie Menschen, oder die von der Extraktion der unteren Schneidezähne abraten, da sonst die Zunge heraus hängen würde. Dies ist aber sehr menschlich gedacht und bereitet dem Tier unnötige chronische Schmerzen, die leicht zu vermeiden sind. Es sollte daher immer ein Spezialist für die Pferdeerkrankung EOTRH hinzugezogen werden.

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